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Verdienstausfall / Nettolohnmethode / Einkommensteuer / Steuerberater

Fahrradunfallopfer

Erfahrenes Mitglied
Registriert seit
4 Feb. 2014
Beiträge
126
Ort
Badner Land
Ich hoffe der Thread ist hier richtig aufgehoben.

Es gibt bereits sehr viele aussagekräftige Threads zu diesem Thema, mein Dank gilt Siegfried21 und auch Isländer für deren Beiträge.

Ein Punkt wirft bei mir noch Fragen auf.

Klar ist:

  • ersetzter Verdienstausfall unterliegt der Einkommensteuer
  • wenn man zuvor keinen Steuerberater hatte, müssen die Kosten hierfür auch vom Schädiger ersetzt werden.
Jetzt kommts:

Wie sieht es mit steuermindernenden Ausgaben oder Pauschalen aus?
Wer profitiert davon, Schädiger oder Geschädigter?

Erstmal ein paar Links zu dem Thema:
http://www.unfallopfer.de/forum/showpost.php?p=297936&postcount=5
und
http://www.verkehrslexikon.de/Module/SteuerFragen.php



Da steht:
Als wohl herrschende Meinung hat sich im Laufe der Zeit die sog. modifizierte Nettolohn-Methode entwickelt. Danach erhält der Geschädigte den Ersatz seines Nettoausfalls zuzüglich der sich darauf errechnenden Einkommensteuerlast.
Urteile:
http://www.verkehrslexikon.de/Texte/VerdienstausfallSteuerErsatz.php
BGH v. 24.09.1985:
Die Ersatzpflicht des Schädigers umfasst bei der Nettolohnberechnung zusätzlich auch die darauf entfallenden Steuern
http://www.verkehrslexikon.de/Texte/Verdienstausfall34EStG.php
BGH v. 22.03.1994:
Die Steuervergünstigung des EStG § 34 Abs 2 Nr 2 für den Schadenausgleich von Verdienstausfall ist kein zugunsten des Schädigers zu berücksichtigender Vorteil; das gilt auch dann, wenn der Geschädigte wegen der Höhe seiner übrigen Einkünfte ohnehin der Höchstbesteuerung unterliegt, so dass die Zusammenballung von laufenden Einkünften und Entschädigungsleistung ausnahmsweise keine zusätzlich Progressionswirkung auslöst.
http://www.verkehrslexikon.de/Texte/Rspr2638.php
KG Berlin v. 19.02.2009:
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung steht es dem Geschädigten im Rahmen des § 252 BGB frei, bei der Berechnung des unfallbedingten Verdienstausfalls vom Brutto- oder vom Nettolohn auszugehen. Dabei ist zu beachten, dass auch Schadensersatzzahlungen wegen Verdienstausfalls der Einkommensteuer unterliegen. Ein etwaiger (Steuer-)Vorteil des Geschädigten im Sinne eines Besserstellung durch den zuerkannten Verdienstausfall ist nach den Regeln des Vorteilsausgleichs vom Schädiger darzulegen. Wird der Verdienstausfall netto berechnet, muss der Schädiger zusätzlich die darauf entfallenden Steuern zahlen.
http://www.verkehrslexikon.de/Texte/Rspr4245.php
Soweit der Geschädigte den im Wege des Schadensersatzes erhaltenen Verdienstausfall nachträglich ausgeglichen bekommt und zu versteuern hat, hat der Schädiger auch die konkret auf den zu erstattenden Betrag entfallende Steuer zu ersetzen.
-----------------------------------------------------------

Das deutsche Steuerrecht ist ja bekanntlich etwas, was man schon in der Grundschule zu beherrschen lernt.... :D ;)

Also, folgendes Beispiel:
Pauschalen die jeder Arbeitnehmer bekommt, wie die Arbeitnehmerpauschale, ist ja schon beim Nettolohn berücksichtigt, entsprechend höher ist das Netto.
Also meines Erachtens zum Vorteil der Versicherung. Diese Pauschale ändert ja auch nichts an dem Netto, sprich es entsteht kein Nachteil für den Geschädigten.

Pauschalen die zum Beispiel durch den Unfall hinzukommen, es sei hier die Behindertenpauschale genannt, führen die zum Vorteil des Schädigers oder des Geschädigten? Klar ist, das diese Pauschale die Steuerlast mindert.

Ich komme hier auf das BGH (Urteil vom 24.09.1985 - VI ZR 65/84) zurück, darin heißt es:
Es weist auch mit Recht darauf hin, dass gewisse Steuervorteile nicht zu einer Verkürzung des Schadensersatzanspruches führen, etwa solche, die dem Geschädigten nur deshalb zustehen, weil er eine Körperschädigung erlitten hat, z.B. der Pauschbetrag für Körperbehinderte gemäß § 33b EStG, (Senatsurteil vom 30. Mai 1958 - VI ZR 90/57 - VersR 1958, 528, 529)
weiter:
oder weil die Schadensersatzleistung verspätet gezahlt worden ist und inzwischen der Steuertarif ermäßigt wurde (Senatsurteil vom 3. Februar 1970 - VI ZR 245/76 - WM 1970, 633, 637).
Siegfried21 sieht das anders:
Info:
http://dejure.org/gesetze/BGB/249.html

Nach der Vorlage eines rechtskräftigen Steuerbescheid des Finanzamt
kann dein RA die Geschichte bei der geg. Vers. regressieren.

Demnach würden sämtliche Vorteile zum Vorteil des Schädigers. Kann das sein?

Fazit ? :

  • Der Schädiger muss auf den ersetzten Nettolohn die darauf folgende Einkommensteuer ersetzen, nicht den tatsächlich zu entrichtenden Steuerbetrag.
    .
  • Wer einfach nur den Steuerbescheid bei dem Schädiger einreicht, bringt sich selbst um die Steuervorteile die einem zustehen.
    .
  • Ohne Steuerberater (ein Lohnsteuerhilfeverein dürfte damit überfordert sein) ist das nicht zu bewältigen.
    .
  • Hat der Schädiger das Recht die Einkommensteuerbescheide einzufordern? Reicht da nicht ein Schreiben des Steuerberaters?
    .
  • Der vom Schädiger zu ersetzende Steuerbetrag dürfte sich vom tatsächlichen an das Finanzamt zu entrichtenden Steuerbetrag unterscheiden. Zum Beispiel ist das immer dann der Fall, wenn eine Behindertenpauschale geltend gemacht wird.
    .
Ich bitte um Eure Meinung dazu.
Liege ich richtig oder falsch?
Wer hat damit Erfahrungen gesammelt, sprich wer kann das bestätigen oder korrigieren?
 
Hallo Fahrradunfallopfer,

fettes Dankeschön!

Diese Fragen stellen wir uns auch! Irgendwie ahnen wir schon, dass wir wieder drauflegen ( Steuerberater, entgangene Steuerersparnisse weil die Gegnerische keinen Lohnausfall bezahlt seit 2012)!

Sollte man das Finananzamt mit ins Boot holen?

Wie findet man einen geeigneten Steuerberater?

LG
Aramis
 
Hallo,

ja, theoretisch könnten wir die Angelegenheit bis Ultimo eruieren und eine Doc. Arbeit machen, aber praktisch ist es doch so, dass der/die Geschädigte
ohne viel Hack-Mack sein Netto möchte und möglichst Ruhe!

Es ist eine Gratwanderung und man kommt ggf. nie 100% genau raus!


Geschädigte vom Schädiger nicht besser gestellt werden soll, als er ohne das Schadensereignis stehen würde.

Es entspricht vielmehr, wie dargelegt, ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, aus der Anwendung von § 34 EStG sich ergebende steuerliche Vorteile für den Geschädigten diesem entsprechend dem Willen des Gesetzgebers zum Ausgleich etwaiger Nachteile aus der Steuerprogression zu belassen



BGH Urt. v. 30.05.1989, Az.: VI ZR 193/88
10
1.
a)
Zutreffend ist die Auffassung des Berufungsgerichts, daß unabhängig davon, ob nach der (modifizierten) Nettolohnmethode oder nach der Bruttolohnmethode der Verdienstausfall ermittelt wird (vgl.Senatsurteil vom 10. November 1987 - VI ZR 290/86 = VersR 1988, 464, 465 m.w.N.) unfallbedingte Steuervorteile bei der Berechnung des Verdienstausfallschadens grundsätzlich zugunsten des Schädigers zu berücksichtigen sind (vgl. Senatsurteilevom 24. September 1985 - VI ZR 65/84 = NJW 1986, 245 = VersR 1986, 162, 163 undvom 10. Februar 1987 - VI ZR 17/86 = VersR 1987, 668, 669 m.w.N.; Hofmann, Haftpflichtrecht für die Praxis, 1989, 374 Rz. 41). Das fordert der adäquate Zusammenhang zwischen schadensstiftendem Ereignis und eintretendem Vorteil sowie der im Schadensersatzrecht geltende Grundsatz, daß der Geschädigte vom Schädiger nicht besser gestellt werden soll, als er ohne das Schadensereignis stehen würde. Zu Recht hat daher das Berufungsgericht der Berechnung des Erwerbsschadens zugrundegelegt, daß die ab 1. März 1984 an den Kläger gezahlte Erwerbsunfähigkeitsrente gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 a EStG, § 55 Abs. 2 EStDV lediglich mit dem Ertragsanteil der Einkommenssteuer unterliegt, und insoweit dem Kläger nur den tatsächlichen (niedrigeren) Steuersatz in Ansatz gebracht (vgl. zuletztSenatsurteil vom 10. Februar 1987 - VI ZR 17/86 = a.a.O. m.w.N.).

11
b)
Gleichermaßen zutreffend hat das Berufungsgericht - und insoweit geht die Rüge der Revision fehl - die Vergünstigung, die dem Kläger dadurch zugefallen ist, daß ihm im Jahre 1983 bei der steuerlichen Veranlagung ein Freibetrag von 24.000 DM aus der Abfindung von 59.150 DM gemäß § 3 Nr. 9 EStG gewährt worden ist, anspruchsmindernd berücksichtigt. Zwar findet die Anrechnung von Steuervorteilen ausnahmsweise dann eine Einschränkung, wenn der Zweck der Steuervergünstigung einer Entlastung des Schädigers entgegensteht (vgl. Senatsurteilevom 30. Mai 1988 - VI ZR 90/57 aaO;vom 26. Februar 1980 - VI ZR 2/79 = NJW 1980, 1788 = VersR 1980, 529;vom 24. September 1985 - VI ZR 65/84 = VersR 1986, 162;vom 10. Februar 1987 - VI ZR 17/86 = VersR 1987, 668 undvom 10. November 1987 - VI ZR 290/86 aaO). Dabei handelt es sich insbesondere um solche Steuervorteile, die dem Geschädigten einen Ausgleich für Benachteiligungen gewähren (vgl. Hofmann a.a.O. S. 375 Rz. 42), die ihm aus einer "normalen" steuerlichen Veranlagung ohne Berücksichtigung der sich für ihn aus dem Schadensereignis ergebenden Besonderheiten entstehen würden. Denn in derartigen Fällen ist die steuerliche Sonderbehandlung dem Normzweck nach nicht so sehr auf eine wirtschaftliche Besserstellung des Steuerpflichtigen gerichtet, auf die sich der Geschädigte für den zivilrechtlichen Schadensausgleich verweisen lassen müßte, sondern auf Verhinderung einer Schlechterstellung durch die Besteuerung; diese Korrektur würde über eine entsprechende Kürzung des Ersatzanspruchs des Geschädigten hinfällig gemacht. Dazu gehören die Fälle des Pauschbetrages für Körperbehinderte gemäß § 33 b EStG (vgl.Senatsurteil vom 24. September 1985 - VI ZR 65/84 a.a.O. m.w.N.) und der die Steuerprogression mindernden Steuerermäßigung nach §§ 34, 24 Nr. 1 EStG (vgl.Senatsurteil vom 10. November 1987 - VI ZR 290/86 aaO). Derartige Ausnahmen müssen im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit aber auf Fälle beschränkt bleiben, in denen ein entsprechender Normzweck eindeutig festgestellt werden kann. Ein solcher läßt sich indes bei der Gewährung des Freibetrages für Arbeitnehmerabfindungen nach § 3 Nr. 9 EStG nicht ausmachen. Hier geht es nicht darum - sieht man einmal von der weiter unten zu behandelnden Frage der Benachteiligung durch die Steuerprogression mit der Möglichkeit der Vermeidung nachteiliger Auswirkungen durch Anwendung des § 34 Abs. 2 EStG ab -, eine Schlechterstellung des Steuerpflichtigen, der eine Arbeitnehmerabfindung erhält und diese zu versteuern hat, zu vermeiden. Vielmehr finden in dieser - teilweisen - Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 9 EStG - jedenfalls auch - sozialpolitische Erwägungen ihren Ausdruck, dem Arbeitnehmer bei Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses über steuerliche Vergünstigungen finanzielle Hilfe zukommen zu lassen (vgl. auch Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommens- und Körperschaftssteuer, 1988, § 3 Anm. 55). Sie führt damit - wie das auch für Steuerersparnisse aus Steuerbefreiungen für Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und für das Arbeitslosengeld (vgl.Senatsurteil vom 26. Februar 1980 - VI ZR 2/79 = NJW 1980, 1788) sowie für die günstigere Versteuerung der aus der gesetzlichen Rentenversicherung gewährten Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten (vgl.Senatsurteil vom 10. Februar 1987 - VI ZR 17/86 aaO) gilt - zu einer materiellen Besserstellung der Geschädigten, die als solche für den Schadensausgleich zu berücksichtigen ist. Wie auch in anderen Fällen der Steuervergünstigungen nach § 3 EStG (vgl.Senatsurteil vom 26. Februar 1980 - VI ZR 2/79 = NJW 1980, 1788, 1789) reicht deswegen der genannte sozialpolitische Zweck nicht aus, die steuerliche Entlastung unberücksichtigt zu lassen. Es wäre auch eine verfehlte Betrachtungsweise, hierin eine staatliche Zuwendung an das Unfallopfer zu sehen, deren günstige Auswirkungen für die Einkommenslage des Geschädigten gegenüber dem Schädiger unberücksichtigt zu bleiben hätte (vgl.Senatsurteil vom 12. Juli 1957 - VI ZR 190/56 = VersR 1957, 574, 575). Vielmehr ist, solange nicht klar erkennbar ist, daß die steuerliche Entlastung der Vermeidung einer sonst gegebenen Schlechterstellung des Geschädigten dient, diese bei der Schadensbemessung zu berücksichtigen. Deswegen ist die Abfindung, die der Kläger erhalten hat, unter Berücksichtigung der mit ihr zusammenhängenden steuerlichen Vergünstigung, also mit ihrem tatsächlichen Nettobetrag für die Bemessung des von der Beklagten geschuldeten Ersatzes einzusetzen. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht zu Recht für 1983 einen ersatzpflichtigen Schaden verneint. Denn die 44.685 DM, die ihm dann verblieben wären, hat der Kläger schon dadurch erhalten, daß ihm tatsächlich für 1983 ein Nettoeinkommen von 53.707 DM zur Verfügung stand.

12
2.
Allerdings muß sich der Kläger nicht den vollen Betrag von 9.022 DM, um den er wegen der günstigeren steuerlichen Veranlagung für 1983 besser gestellt ist, auf den Erwerbsschaden für 1984 anrechnen lassen. Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, daß vom Berufungsgericht auch die Steuervergünstigung nach § 34 Abs. 2 EStG, nach der der zu versteuernde Teil der Abfindung nur mit dem halben Steuersatz veranschlagt worden ist, zu Lasten des Klägers berücksichtigt worden ist. Es entspricht vielmehr, wie dargelegt, ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, aus der Anwendung von § 34 EStG sich ergebende steuerliche Vorteile für den Geschädigten diesem entsprechend dem Willen des Gesetzgebers zum Ausgleich etwaiger Nachteile aus der Steuerprogression zu belassen (BGHZ 74, 103; Senatsurteilevom 26. Februar 1980 - VI ZR 2/79 aaO; zuletztvom 10. November 1987 - VI ZR 290/86 aaO). Das Berufungsgericht hätte daher statt von 9.022 DM nun von einem steuerlichen Vorteil von 4.144 DM (9.022 DM - 4.878 DM) im Jahre 1983 ausgehen und nur diesen auf den Erwerbsschadensanspruch für 1984 anrechnen dürfen.

Quelle:
https://www.jurion.de/Urteile/BGH/1989-05-30/VI-ZR-193_88

Weitere:
http://www.schah-sedi.de/files/schah-sedi/veroeffentlichungen/54_dt_vgt_2016_03_03_schah_sedi.pdf
http://www.verkehrslexikon.de/Texte/Rspr4488.php
http://www.verdienstausfallschaden.de/beispielfaelle.html
http://webcache.googleusercontent.c...nt=opera&hs=cd0&channel=suggest&hl=de&ct=clnk

Grüße
 
Hallo Fahrradunfallopfer,

vielen Dank für deinen Post!
Von meiner Seite nur so viel, wir haben unseren Steuerberater und RA an den Tisch genommen und dann die Sache besprochen!
Also der Steuerberater hat eine Aufstellung der letzten 3 Jahre gemacht und darin den Nettoverlust dargestellt!
 
Den Artikel von Schah Sedi kenne ich.

Meiner Ansicht nach wirft dieser neue Fragen auf.
Zitat:
Zusammenfassend: am Ende der Regulierung erhält der Geschädigte seinen Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens nach der modifizierten Nettolohnmethode zzgl. derjenigen darauf entfallenden Steuern, die er selbst an das Finanzamt abzuführen hat.
Klar, das erscheint logisch.
Eigentlich ist das ganz einfach: ein Nullsummenspiel für den Geschädigten hinsichtlich der Steuern. Man könnte sagen, dass die Besteuerung von Erwerbsschadensersatz beim Personenschaden nach dem »rechte Tasche–linke Tasche-Prinzip« funktioniert. Die auf den Erwerbsschadensersatz zu zahlenden Steuern sind für den Geschädigten ein Durchlaufposten.
Das erscheint mir nicht logisch.
Alleine schon wegen eines evtl Behindertenpauschbetrages.

Ich verstehe dies folgendermaßen:

Beispiel:
Nehmen wir an, der Geschädigte hatte vor dem Unfall ein monatliches Netto von 2500.-€. Der Weg zur Arbeit ist weniger als ein Kilometer, und hat sonst keine arbeitsbedingten Aufwendungen gehabt.
Nehmen wir an, der Geschädigte bekommt 2500.-€ Netto/Monat Verdienstausfall erstattet. Das sind im Jahr dann 30000.-€.

Nach dem Text oben sind dann eben die Steuern für das Nettoeinkommen von 30000.-€ von dem Schädiger an den Geschädigten zu zahlen.

Sind diese dann für den Geschädigten dann auch ein Durchlaufposten?

Ich bin der Meinung: Nein.

Warum?

Weil viele steuermindernden Ausgaben wie:
- Altersvorsorge (z.B. Riester, Lebensversicherung)
- Auslandskrankenversicherung
- Unfallversicherungen
- Beiträge zu Berufsverbänden (Gewerkschaften)
- Haftpflichtversicherungen (Privat, Auto etc)
- Haushaltsnahe Dienstleistungen
- Handwerkerleistungen
- Kontogebühren
- evtl sogar das Arbeitszimmer
- Abschreibungen auf Arbeitsmittel (z.B. Möbel müssen über viele Jahre abgeschrieben werden)

die zu zahlende Steuer vermindern.

Nehmen wir also an, der Geschädigte hat Ausgaben (der Arbeitnehmerpauschbetrag gehört hier nicht dazu, der ist im Netto sozusagen schon drin enthalten) in Höhe von 2000.-€

Also muss er noch 28000.-€ versteuern. Genau dies musste er auch vor dem Unfall immer versteuern. Und daher hat er immer was von Finanzamt zurückbekommen.

Beispielhafte Rechnung um das Prinzip klar zu machen:

Laut BMF Rechner https://www.bmf-steuerrechner.de/ekst/ekst.jsp
ist der Steuersatz
bei
30000.-€ 19,23%, also sind 5.768,74 Euro an Steuern zu zahlen
bei
28000.-€ 18,27%, also sind 5.116,75 Euro an Steuern zu zahlen

Differenz: 651,99€. Die hatte er vor dem Unfall vom Finanzamt zurückbekommen.

Also fallen auf den Nettoverdienstausfall höhere Steuern an, als die, die tatsächlich zu entrichten sind.

Demnach ist es kein Durchlaufposten, oder?

Jetzt nehmen wir mal an, der Geschädigte hat vor dem Unfall seine Ausgaben beim Finanzamt als Steuerfreibeträge angegeben, und dieses hat diese stattgegeben. Sprich das Netto hat sich dadurch um ca. 55.-€/Monat erhöht.
Demnach müsste der Schädiger also nach der Nettolohnmethode ein höheren Nettolohn entschädigen.

Für den Schädiger und auch für den Geschädigten sollte es also egal sein, ob ein Steuerfreibetrag existiert, oder die Ausgaben im Zuge der jährlichen Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden.
Das bedeutet aber auch, das alleine der Ersatz der im Steuerbescheid genannten Steuern den Geschädigten nochmal benachteiligt. Ihm entgehen so die Steuerersparnisse aufgrund der gemachten Ausgaben.

Konnte ich meine Gedanken klar darstellen?

Nachtrag:
Weil der Geschädigte dem gemeinnützigen Verein "Unfall-Opfer-Bayern e.V." eine Spende zukommen läßt, und die Spendenbescheinigung wiederum die Steuern senkt, kann dies doch unmöglich zum Vorteil des Schädigers sein, oder? ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Lindgren hat schon viel früher als ich die gleiche Auffassung geteilt:

wenn man als Geschädigte/r mit einem bestandskräftigen Steuerbescheid Steuerschaden geltend machen, kommt der Schädiger aber ggf. sehr billig davon.

Bei Ermittlung der Einkommensteuer bewirken Sonderausgaben, Spenden, haushaltsnahe Dienstleistungen usw. eine geringere Steuerlast bzw. einen geringeren Steuersatz.

Wenn der Schädiger nur zum Ersatz des Steuerschadens verpflichtet ist/wäre, der sich durch Anwendung des geringeren Steuersatzes auf seine Schadensersatzzahlungen ergibt, spart er durch die Aufwendungen, die der Geschädigte für seine privaten Versicherungen hatte, also für Spenden an gemeinnützige Organisationen, für die Haushaltshilfe oder die Arbeitskosten des Malers oder was auch immer der Geschädigte geltend machen kann. Denn diese senken den persönlichen Steuersatz und damit die Steuerschuld.

Es kann doch nicht sein, dass der Schädiger durch die Aufwendungen des Geschädigten profitiert.

Man beachte auch die Ausführungen von Siegfried dazu im Thread, sowie die Links dazu.

http://www.unfallopfer.de/forum/showpost.php?p=278485&postcount=13
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Fahrradunfallopfer,

theoretisch gehe ich mit dir d'accord, aber praktisch w. g. will der Geschädigte doch i. d. R seine Ruhe und dass der fiktive Erwerbsschaden-Netto pünktlich kommt.

Wenn dies und anderes, ohne großes Mucken mit der geg. Vers. läuft, dann kann man
über einiges hinwegschauen und möchte nicht aufs Äußerste
alles 101% ausreizen - ausgeglichen haben.

Wenn du oder andere, die Zeit -Nerven- Muße- Background-Wissen haben, dies zu durchforsten und durchzusetzen;);)
(+ die geeig. Partner RA -Steuerberater)

Grüße

Siegfried21
 
Danke für Deine Bestätigung, Siegfried.
Es geht nicht ums ausreizen, es geht mir hier ums Prinzip.

Und so aufwendig ist es gar nicht.
Ein guter Steuerberater macht das.

Und über drei bis vierstellige Beträge kann man nicht hinwegschauen, siehe mein Beispiel in einem der Post zuvor.
 
Hallo ich muss mich mal einhaken hier. Das ganze hört sich sehr interessant an. Nur wie soll man jetzt vorgehen?

Mein Fall ist so, dass ich auch einen Verdienstausfall bekomme. Abzüglich dem, was ich durch meine geringfügige Beschäftigung verdiene. Es wird auch netto abgerechnet mit der Versicherung. Zudem erhalte ich auch Haushaltsführungsschaden monatlich.

So und nun hab ich den ganzen Vorgang einem Steuerberater übergeben gehabt, der sich darum kümmern soll. Im Endeffekt kommen dabei keine Belastungen für mich raus, sondern vielleicht mal 20! Euro was ich wieder bekommen habe.

Steuern sind für mich ein Buch mit 7 Siegeln :eek::D

Was kann ich jetzt meinem Steuerberater sagen, was zu tun ist? Zudem wäre auch die Frage, wie der Haushaltsführungsschaden bei der Steuer anzugeben ist. Als reines Einkommen?
 
Hallo Roll,

dein:
Mein Fall ist so, dass ich auch einen Verdienstausfall bekomme. Abzüglich dem, was ich durch meine geringfügige Beschäftigung verdiene.
Für deine überobligatorische g. Tätigkeit gibt es wohl keine Erwerbsobliegenheit:rolleyes: warum lässt du dies dir anrechnen:confused:

Steuerberater übergeben gehabt, der sich darum kümmern soll. Im Endeffekt kommen dabei keine Belastungen für mich raus,

Was willst du mehr?


Haushaltsführungsschaden-Schmerzensgeld- ect. unterliegen keiner Besteuerung;)

http://www.kanzlei-fuer-privatrecht...chadenersatzansprueche-und-ihre-versteuerung/

http://www.unfallrechtler-stuttgart.de/unfallschaden-a-z/vorteilsausgleich-personenschaden/

Grüße
 
moins Siegfried
großen Dank an Dein stetiges Engagement bei dieser Thematik.
Kannst Du mir noch mal bitte texten, ab wieviel Euro man bei dem Verdienstausfall- Steuern abführen muß, bzw. dieses angeben muß?
BITTE nicht 100 Links, sondern nur kurz und schnittig ein paar Zahlen.

Bei mir sieht es so aus, dass ich eine BG -Unfallrente bekomme, das sind aber keine 500,- Euro. Dann bekomme ich eine kleine DRV- Rente
(ca. 400,-) und das letzte Drittel eben diese Verdienstausfallausgleichszahlung an ein fiktives Gehalt, was ich ohne Unfall jetzt theoretisch verdienen würde.
Muss ich dieses letztere irgendwo angeben? ab welcher Höhe?

bedanke mich brav für die Antwort.:)

Lara
 
Hallo Roll,

dein:

Für deine überobligatorische g. Tätigkeit gibt es wohl keine Erwerbsobliegenheit:rolleyes: warum lässt du dies dir anrechnen:confused:

Dafür bin ich gerade am Klagen. Wie soll es anders sein, ist in der Klageerwiderung u.a. angegeben: "...Bekanntermaßen ist ein Verletzter grundsätzlich verpflichtet, seine verbliebene Arbeitskraft in den Grenzen des Zumutbaren und Möglichen so nutz- und gewinnbringend wie machbar einzusetzen."


Ich weiß nicht mal, ob die Versicherung die Beiträge an das Finanzamt abführt. Ich bekomme den Verdienstausfall als netto gezahlt. Mein Steuerberater meinte, er gibt dies aber als brutto in der Steuererklärung an.

Also keine Ahnung ob das so korrekt ist was die Versicherung macht. Wenn ich das oben lese, dann müssten die mir doch mehr zahlen?
 
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