Grüß Dich, V6-freak!
01
So, wie Du Deine Einschränkungen geschildert hats, ist das eine prima Darstellung. Bitte mache so alle 3 Wochen für Dich selbst Aufzeichnungen, die zeigen, wie sich die Sache entwickelt. Damit nichts vergessen wird.
02
Und halte auch fest, wer Dir geholfen hat, wieviele Minuten das gedauert hat. Damit Du existieren konntest!
(a)
Das gilt insbesondere für die Anfangszeit. Damals, als Du vor so ernsten Problemen gestanden bist: "Wie kommt man ein einen Pullover rein?", oder: "Ich kann einfach mein Schnitzel nicht schneiden. Ich muss mir es vorschneiden lassen". Bitte halte das jetzt mal aus der Erinnerung fest, wie das ist, wenn man nicht mal die Unterhose raufziehen kann.
(b)
"Ach", wirst Du dankbar sagen, "das hat mir meine Frau gemacht". Nun: Ein Glück, dass beim Schnitzel nicht der Hund "geholfen" hat! Aber sag mal: Ist Deine Frau der kostenlose Diener und Schadensausgleicher für den Versicherer? Nein, ist sie nicht. Also: Die Tätigkeiten möglichst genau aufschreiben, mit denen sie Dir assistiert hat. Daraus machen wir dann auch etwas. Das, was ich (mangels einer anderen, gebräuchlichen Bezeichnung) den "Assistenschaden" nenne.
(c)
"Tja, Isländer", wirst Du vielleicht sagen: "da hatte ich keinen Schaden. Meine Frau hat dafür ja nichts bezahlt bekommen". Nun - das wär ja auch ungewöhlich. Aber das macht nichts. Da bekommt man trotzdem etwas. So sagt es der BGH in ständiger Rechtsprechung.
03
Heilungsaufwand, den die Kasse nicht zahlt, den aber ein vernünftiger Mensch treibt, weil er wieder gesund werden will, kann mit etwas Geschick der gegnerischen Karft-Haftpflichtverischerung aufgehalst werden. Das ist nicht ganz einfach. Aber wenn das als vernünftige Entscheidung gelten darf, dann sprechen die Gerichtes das zu. Ausgangspunkt ist da immer ein ärztlicher Rat, der auch gut begründet sein sollte. Das braucht man schriftlich.
04
Früher antworteten Versicherer: "Kommt nicht in die Tüte. Dadurch, dass Du Kassenversorgung gewählt hast, hast Du zu erkennen gegeben: Das reicht Dir. Daran bist Du gebunden."
(a)
Ein Normalverdiener hat gar nicht die Wahl, der kann sich nicht privat versichern. Der ist zwangsweise bei der AOK oder einer Ersatzkasse - die den gleichen Leistungskatalog hat.
(b)
Wer verzweifelt versuchen muss, wieder einen starken Arm zu bekommen, der beißt in den saueren Apfel und zwahl selbst.
(c)
Diese Entwicklung kommt zunehmend in Gang.
05
Bescheinigungen für Einschränkungen im Bewegungsapparat? Das soll bitte der Physiotherapeut attestieren. Der sagt oft: "Das soll Ihnen der Doktor schreiben".
I wo! Strahle den Physiotherapeuten an! Und dann sage ihm: "Der Arzt weiß das nur im Groben. Der, der die Behandlung auch macht, der sieht am meisten. Das sind Sie!" Achte darauf, dass der Mann auch bezahlt wird, ohne das ist's schlecht. Das ist dessen Arbeitszeit!
Tatsächlich: Ich habe die Erfahrung aus Dutzenden von Vorgängen: Man befrage den Physiotherapeuten. Da kommt einfach mehr raus. Präzisere Beschreibung. Darum geht es.
06
Wird Dir ein "Rehamanager" empfohlen, bitte melde Dich. Da besteht dann einiges an Beratungsbedarf, denn das ist eine kritische Sache. Dazu gibt es einen Fachartikel von Lachner. Und eine boshafte Satiere, die ich Dir nicht verheimlichen will, damit Du noch was zu Lachen hast: Wobei man sagen muss: Die Satiere übertreibt maßlos. Aber sie beleuchtet auch den erschreckenden Punkt! Also:
Zur Rechtsgeschichte der beruflichen Integration Unfallverletzter
Ein erstaunlich ausgefeiltes System zu unserem Thema findet der Rechtshistoriker bereits im alten Rom. Bekanntlich versuchte man schon vor 2000 Jahren, Risiken loszuwerden, die dann möglichst so lange weitergereicht wurden, bis sie wieder der Geschädigte am Hals hatte (lat. "regulatio", also: "Regulierung" genannt). Führend für das Haftpflichtgeschäft Roms war die Gründung des Crassus Pecuniator Catilina –er wurde sagenhaft reich damit-, nämlich die
CATILINA* INSURATIO GmbH & Co. KG
Ihre Methoden führten erstmals zu schriftlichen Zeugnissen: So beginnt die erste Catilinarische Rede des Rechtsanwaltes Dr.iur. Cicero bekanntlich mit den Worten:
Quousque tandem, Catilina
abutere patientia nostra-?
("Wie lange, Catilina, willst Du unsere Geduld noch strapazieren?")
Die textkritische Analyse erbrachte den haftpflichtrechtlichen Hintergrund: Auf der Via Appia hatte ein catilina-versichertes Pferd den Mandanten des Rechtsanwaltes Dr. Cicero über den Haufen gerannt oder so ähnlich, jedenfalls hinkte der Mandant seither erbärmlich. Doch sieh an, wie modern die Alten waren: Die Catilina-GmbH & Co KG schlug mit süßmäuligen Reden vor, den Geschädigten unter ihren wachsamen Augen zum Gladiator umschulen lassen, beim Gladiatoren-Integrations-Dienst, dem GID, bitte. Wenn er nicht wolle, sei er an seiner Armut selbst schuld.
Niemanden fiel anfangs auf, dass die Catilina GmbH & Co KG auch Gründerin dieses Integrationsdienstes GID war. Auch ahnte niemand: Die flugs erbetene Entbindung von der Schweigepflicht hatte mit "Berufsintegration" zwar nichts zu tun. Aber sie gestattete der "Catilina" einen tiefen Blick in den neuen Kampf-Tanga des Geschädigten, wo sie eifrig nach einem "Vorschaden" suchte.
Die Waffen, Kosten des Kurses zum Diplom-Gladiator ect. musste der Geschädigte schon selbst vorfinanzieren, so plump ist man heute nicht mehr. Dafür finanzierte die Gesellschaft schon damals einen hungrigen Trainingstiger. Wurde der Geschädigte schon im ersten Arenen-Praktikum vom demselben aufgefressen, lag's gewiss fehlenden Integrationswillen des Geschädigten. So jedenfalls sagt es ein Textbaustein der "Catilina", den wir in Mediolanum (Mailand) ausgegraben haben.
Als Dr. Cicero das System erkannte, hielt er seine besagte Catilinarische Rede. Heute lesen wir sie im weniger wichtigen Lateinunterricht, nicht in Rechtskunde, wo sie nach ihrer Natur hingehört. Wie es kam, das hat die Wissenschaft noch nicht herausgebracht. Aber rechtshistorisch bedeutsam will uns scheinen, dass heute noch Versicherer gerne einen Circus Maximus bezahlen ("Allianz-Arena") oder einen Fußballverein, der dort verletzungsträchtig das Publikum erheitert.
So sehen Sie abschließend, Versicherer pflegen auch heute noch das Angedenken an die "Catilina" und deren innovative Regulierungs-technik. Damit sehen Historiker, wie sich die Beweiskette schließt.
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* Für alle Nicht-Lateiner: Dieser Catilina war ein ganz übler Kunde, er nannte sich "Freund des Volkes" und hätte beinahe einen Putsch zusammengebracht. Catilina starb im Straßenkampf als Opfer seiner Ränke. Wer könnte es dem Leser verdenken, dass er darüber grimmige Genugtuung verspürt?
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Merke: "Boshaft" wird man immer dann genannt, wenn man besonders wahrheitsliebend war.
ISLÄNDER